Home Office –Risiken erkannt?
Homeoffice ist dieser Tage in aller Munde; dass jedoch bei der Umsetzung durch den Arbeitgeber einige Fallstricke für diesen bestehen, fällt in den Diskussionen oft unter den Tisch.
„Homeoffice“ ist heute ein Sammelbegriff. Dabei ist oft nicht klar, was dies für die Organisationsverantwortung des Arbeitgebers rechtlich genau bedeutet. So kennt das Gesetz z.B. den Telearbeitsplatz oder das mobile Arbeiten. Die verschiedenen Formen des „Homeoffice“ haben allerdings ganz klar definierte rechtliche Anforderungen. Sie betreffen dabei besonders auch Maßnahmen des Arbeitsschutzes – dies nur am Rande.
Ob Telearbeit oder mobiles Arbeiten, um als Arbeitgeber und Unternehmer „Homeoffice“ zu ermöglichen, gibt es verschiedene technische Lösungen. Ich will hier übersichtshalber auf einige davon eingehen und verschiedene relevante Fragestellungen im Zusammenhang mit der jeweiligen Arbeitsweise und deren „Sicherheit“ im weitesten Sinne aufwerfen.
Variante 1 – Die Webanwendung im Browser
Ein beliebter Weg in der aktuellen COVID-19-Krise ist das browserbasierte Arbeiten. Diese Arbeitsweise lässt sich leicht auf jeglichen Endgeräten umsetzen. In der Krise ist diese Variante beliebt, da im Zweifel auch kurzzeitig auf private Endgeräte zurückgegriffen werden kann.
Dabei stellt der Unternehmer dem Arbeitnehmer zumeist Mail- und Dateiapplikationen über ein Webportal im Browser zur Verfügung. Hierzu zählen klassische Lösungen wie z.B. O365, Nextcloud, Zimbra und viele andere.
Die Vorteile sind offensichtlich. Eine schnelle Umsetzung ist möglich, zudem lassen sich gewohnte Applikationen zur Textverarbeitung und Kommunikation leicht abbilden.
Nachteilig ist, dass eine Kontrolle über einen unautorisierten Abfluss von Dateien nur schwer umsetzbar ist. Auch hat der Arbeitgeber keine Überwachung im Sinne der oft gewohnten End-Point-Protection wie z.B. Virenscanner und Websitefilter. Hierdurch könnte bereits auf dem Rechner befindliche oder auch neue Schadware Informationen über Zugangsdaten und Bildschirminformationen bekommen. – Private Computer sind aufgrund des allgemein üblichen Surfverhaltens deutlich anfälliger für Schadsoftware. Gerade in der COVID-19-Krise rücken durch dieses „Homeoffice-Verhalten” private Rechner wieder in den Focus von Cyber-Kriminellen.
Variante 2 – Der Remote Desktop
Remote Desktop Varianten sind Lösungen, die ein gewisses Maß an Mitwirkung durch den Anwender erfordern. Hier wird quasi per Fernbedienung auf die laufenden Rechner und Systeme im Unternehmen zugegriffen. Je nach Struktur des bestehenden Systems, kann dabei ein Zugriff auf die physikalischen Computer der Arbeitnehmer erfolgen, oder es wird mittels virtueller Maschinen gearbeitet. Zur Umsetzung gibt es viele etablierte Anbieter auf dem Markt. Lösungen lassen sich mit der richtigen Datenleitung beispielsweise über Citrix, Teamviewer oder den Windows eigenen „Remote Desktop Client“ herstellen.
Vorteil dieser Lösungen ist es, dass auch eigene unternehmensspezifische Applikationen auf altbewährten Oberflächen weiter genutzt werden können. Auch hier ist es teilweise möglich, private Rechner zu nutzen, um kurzfristig Arbeitsleistung zu erbringen.
Als Nachteile sind die in regelmäßigen Abständen auftauchenden Schwachstellen der Remote-Software zu nennen. Immer wieder erreichen uns Berichte über neu entdeckte Schwachstellen der verschiedenen Dienstanbieter. Hier ist ein regelmäßiges Patchen und Updaten der Software notwendig. Dabei kann der Unternehmer sich nicht alleine auf das Updateverhalten seiner Nutzer verlassen, sondern muss durch systematische Maßnahmen einen hohen Sicherheitsstandard bewahren. Auch sind beispielsweise offene RDP-Ports (Remote Desktop Protocol) ein häufig gewähltes Einstiegstor von Hackern in die Unternehmensnetze. Der Einsatz von Remote-Software erfordert ein gewissenhaftes Risikomanagement und regelmäßige Evaluierung der aktuellen Sicherheitslage.
Variante 3 – Die Tunnellösung
Vor allem Unternehmen, die schon lange Möglichkeiten besitzen, „von zuhause zu arbeiten“, greifen oft auf voll integrierte Lösungen im VPN (Virtual Privat Network) zurück. Dabei wird -vereinfacht gesprochen – ein verschlüsselter Tunnel von dem Endgerät zum Unternehmensnetzwerk aufgebaut. Aufgrund der Verschlüsselung der Verbindung können die dazwischenliegenden „Vermittlungsstellen“ den Verkehr nicht mitlesen, die VPN-Verbindung wird deshalb regelmäßig als Tunnel dargestellt. Durch den hohen Konfigurationsaufwand und eine nicht unbedingt anwenderfreundliche Installation sind diese Lösungen zumeist auf unternehmenseigener Hardware zu finden. Sie sorgen dann jedoch dafür, dass der Anwender zumeist vollumfänglich so arbeiten kann, „als wäre er im Büro“.
Die Lösungen können jedoch je nach Umsetzung sehr fehleranfällig und supportintensiv sein.
Der Vorteil des VPN-Zugriffes kann sogleich auch der Nachteil sein. Ein Nutzer eines VPN-Zugangs befindet sich technisch im Unternehmensnetzwerk, und kann sich auch so in diesem bewegen. Standardmäßig wird ein Unternehmensnetzwerk von außen besser geschützt als von innen. Der Nutzer hier ist bereits IM NETZWERK. Sollten also Zugänge in falsche Hände gelangen, hat der Angreifer einen für das Unternehmen sehr risikoreichen Fund gemacht.
Was ist nun die Lösung?
Es wäre vermessen, hier den „einzig richtigen Weg“ heraus zu deuten. Vielmehr stellt jede der gerade dargestellten Varianten einen möglichen Weg dar. Es kommt hier, wie so oft, auf die Umstände und Zielsetzungen der jeweiligen Arbeitsaufgabe an. Dabei spielen vorrangig die folgenden Fragen eine wichtige Rolle:
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- Braucht der Arbeitnehmer unternehmensspezifische Applikationen, bspw. Individuelle Softwarelösungen? (Handlungsfähigkeit)
- Verarbeitet der Arbeitnehmer sensible Informationen, die einen speziellen Schutz erfordern? (Datensicherheit)
- Können schwerwiegende Eingriffe auf bestehende Systeme durch den außerhalb arbeitenden Arbeitnehmer erfolgen? (Integrität)
- Kann der Arbeitgeber alle notwendigen Überwachungsaufgaben ordnungsgemäß durchführen? (Controlling/Revision)
Wie bereits in anderen Blogbeiträgen dargestellt, stand aufgrund der zeitlichen Komponente oft die Handlungsfähigkeit im Vordergrund. Hier bestand häufig die Schwierigkeit, mit den gegebenen technischen Mitteln die notwendigen Applikationen für externe Zugriffe gangbar zu machen. Dieses führte oft über den Weg der von mir darstellen Varianten 1+2. Dies ging meist zulasten der Datensicherheit, hier wurden oft Zugriffsberechtigungen neu verteilt und bspw. 4-6 Augen-Prinzipien außer Kraft gesetzt.
Gleichzeitig mussten Lösungen gefunden werden, um auch den Support von Anwendern im Rahmen des „Homeoffice“ zu ermöglichen. Beispielsweise mussten Administratoren falsch eingegebene Passwörter auch von zu Hause zurücksetzen können. Backups mussten überprüfbar bleiben und Lastverteilung auf unterschiedliche Server durch das neue Nutzungsverhalten gewährleistet werden. All diese Leistungen sollten jetzt aber nicht mehr aus dem „klassischen“ Büro erbracht werden müssen. Diese Eingriffe haben direkten Bezug zur Integrität der IT-Systeme selbst und stellen schon unter normale Bedingung bei falscher Handhabung ein Risiko für den Geschäftsbetrieb dar. Im Rahmen der COVID-19-Krise mussten diese Verfahren teilweise innerhalb von Tagen aus dem „Homeoffice“ ermöglicht werden, zumeist unter Einräumung weitreichender Rechtefreigaben für die beteiligten Administratoren.
Schon im normalen Ablauf ist ein enges Monitoring/Überwachung der eben genannten Rechteinhaber notwendig. Im Rahmen der sich schnell entwickelnden Umstände der COVID-19-Krise ist ein solches Monitoring kaum möglich. Die Möglichkeit besteht zumeist nur bei Unternehmen, die bereits lange im Vorlauf vorgesorgt und eine erhebliche Sensibilität für das sogenannte „Root“-Problem entwickelt hatten. Ohne Vorsorge in diesem Bereich mussten sich Unternehmensführungen in diesen Situationen ihren IT-Administratoren ausliefern. Dies führt zu einer erheblichen Einschränkung der Revisions- und Controlling-Fähigkeiten in diesem kritischen Bereich einer Unternehmensinfrastruktur.
Was also tun?
Der Gesetzgeber hat dem Unternehmer schon immer gewisse Rahmenbedingungen mit auf den Weg gegeben. Diese Rahmenbedingungen haben vor und nach COVID-19 Bestand. Die gesetzlichen Anforderungen stellen dabei eine gute Checkliste dar, um den Beginn eines Grundschutzes im Unternehmensbereich sicherzustellen.
Stellen Sie sich die Frage, ob Sie die folgenden, Ihnen vermutlich geläufigen, gesetzlichen Anforderungen auch im „Homeoffice“ noch sicherstellen können:
Die GOBD – Werden Geschäftsbriefe noch ordnungsgemäß archiviert? Wird die Buchhaltung noch zentralisiert und dokumentiert geführt? – Verstöße hiergegen können zu Strafen führen.
Das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen – Haben Sie noch die umfassende Kontrolle über ihre Geschäftsgeheimnisse? Können Daten durch vermeintliche Vertrauenspersonen aus dem Unternehmen abgezogen werden? Was ist mit den Daten ihrer Kunden? Haben Änderungen durch Covid-19-Anpassungen Auswirkungen auf die bestehenden Verfahren im Bereich des Geheimnisschutzes? – Verstöße hiergegen können zu einer erheblichen Schwächung Ihrer Rechtsposition im Falle einer Klage führen.
Die Datenschutzgrundverordnung – Arbeiten ihre Mitarbeiter mit personenbezogenen Daten zuhause? Gibt es hierfür spezielle Handlungsanweisungen? Werden personenbezogene Daten in der Heimarbeit ordnungsgemäß geschützt und vernichtet? Sind entsprechende Prozesse zur Verschlüsselung und sicheren Datenübertragung möglich? – Verstöße gegen die DSGVO können zu erheblichen Sanktionsmaßnahmen durch die Aufsichtsbehörden führen.
Die Klärung der hier dargestellten Fragestellungen erlaubt Ihnen eine erste Einschätzung über die Rechtssicherheit Ihrer spezifischen „Homeoffice“-Praktiken. Natürlich sind die hier dargestellten Themenschwerpunkte nur ein Auszug aus dem Gesamtbild und reichen alleine nicht für eine umfassende Bewertung aus.